Konstruktionen des Anderen

Historische und kulturelle Bezüge in österreichischen Mediendebatten über einen EU-Beitritt der Türkei

Das vom Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank geförderte Projekt beschäftigte sich mit den österreichischen Mediendebatten über einen möglichen EU-Beitritt der Türkei. Die Fragestellung zielte darauf, die Bilder von der Türkei und den Türk*innen, die die aktuellen Debatten bestimmen, herauszuarbeiten: Welche Bezeichnungspraktiken, Metaphern und Topoi werden in der österreichischen Medienberichterstattung verwendet, um die Türkei und die Türk*innen zu beschreiben?

Das Projekt fragte danach, ob ein historisch gewachsenes Repertoire an Bildern, Narrativen, Geschichten und Mythen über die Türkei und „die Türken“ auch in die im Projektzeitraum aktuellen Debatten hineinspielt. Auf welche Weise und in welchen Zusammenhängen werden solche historischen Referenzen verwendet? Wie und in welchen Kontexten werden vermeintlich kulturelle Unterschiede zwischen Europa und der Türkei essentialisiert?

Die Fragestellung wurde anhand einer Analyse der österreichischen Medienberichterstattung über einen möglichen EU-Beitritt der Türkei in den Jahren 2004 bis 2008 untersucht. Dabei wurden sowohl verbale als auch visuelle Manifestationen dessen, was als vermeintlich typisch türkisch wahrgenommen wird, herangezogen. In sprachlichen Metaphern werden, ebenso wie in visuellen Darstellungen (vor allem Fotos und Karikaturen) bestimmte Vorstellungen von dem, was die Türkei und die Türk*innen ausmache, transportiert und im Diskurs etabliert. Sie stützen Inklusions- und Exklusionsstrategien, die häufig auf der dichotomen Wahrnehmung von einem „Wir“ und einem als fremd empfundenen „Anderen“ basieren.

Das Projekt untersuchte kulturelle Argumentationsmuster, die sich meist stark auf die Kategorien Geschlecht und Religion beziehen, ebenso wie historische Bezüge und die Verknüpfungen zum medialen Diskurs über Migration und Integration. Zur Kontextualisierung der aktuellen Debatten beschäftigte sich das Projekt auch ausführlich mit dem politischen Diskurs über türkische Gastarbeiter*innen in den 1960er und 1970er Jahren.

Manfried Welan