Hitler wird bei der Einfahrt vom Praterstern in Richtung der Wiener Innenstadt im März 1938 von jubelnden Menschenmassen begrüßt
© Das Bundesarchiv via Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0 DE

11./12./13. März: „Anschluss“ Österreichs 1938

Einführung und Kontext

Am 12. März 1938 überschritten deutsche Einheiten die Grenze zwischen dem nationalsozialistischen Deutschen Reich und Österreich. Am 13. März 1938 wurde der „Anschluss“ mit dem „Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich“ proklamiert (verkündet). Dieses Gesetz wurde im Nachhinein durch die von Propaganda und Einschüchterung gekennzeichnete Volksabstimmung vom 10. April 1938 „legitimiert“ (als rechtmäßig anerkannt). Die Tage des „Anschlusses“ sind zwar keine offiziellen Gedenktage, aber durch öffentliche Diskussionen und Veranstaltungen präsent. Die Erinnerung an den „Anschluss“ war in den Nachkriegsjahrzehnten höchst umstritten – ein Konflikt, dessen Nachwirken über 70 Jahre später noch immer spürbar ist (vgl. erinnern.at).

Der „Anschluss“ markiert das Ende der Ersten Republik und damit des eigenständigen Staates Österreich. Zugleich löste die nationalsozialistische Herrschaft die austrofaschistische Regierung ab. Für Österreich stellen die „Anschluss“-Tage einen wichtigen Ausgangspunkt für den Umgang mit der eigenen Geschichte dar. Nach dem Zweiten Weltkrieg bezeichnete sich Österreich auf internationaler Ebene als das erste Opfer des Nationalsozialismus. Dabei berief sich Österreich auf die erzwungene Absage der Volksabstimmung vom 11. März 1938 und den militärischen Einmarsch deutscher Truppen, um Restitutionszahlungen (Schadenersatz/Entschädigungszahlungen) und NS-Entschädigungen für NS-Opfer zu umgehen. So meinte der damalige SPÖ-Innenminister Oskar Helmer bezüglich der Entschädigung jüdischer Opfer: „Ich bin dafür, die Sache in die Länge zu ziehen…“ (Knight 2000).

Zwar wurde Österreich der „Anschluss“ an Deutschland aufgezwungen (daher wird das Wort üblicherweise und so auch hier unter Anführungszeichen gesetzt), doch erfuhren die deutschen Truppen beim Einmarsch keinen Widerstand: Sie wurden sogar jubelnd von Menschenmassen begrüßt (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung 2018). Das ist u.a. damit zu erklären, dass viele österreichische Bürger*innen und auch Politiker*innen der Meinung waren, Österreich sei als so kleiner und neugegründeter Staat nach dem Ersten Weltkrieg alleine nicht lebensfähig, weswegen sich viele einen Anschluss an Deutschland wünschten (vgl. Wien Geschichte Wiki 2018). Die Begeisterung über den „Anschluss“ zeigt sich in den Bildern von Hitlers Rede am Heldenplatz am 15. März 1938, wenngleich diese propagandistischen Zwecken dienten. Zu Kriegsende, am 27. April 1945, berief sich die wiedererrichtete Republik Österreich in der „Unabhängigkeitserklärung“ auf die Moskauer Deklaration von 1943, der zufolge ein unabhängiges Österreich nach dem Sieg über den Nationalsozialismus wiederherzustellen sei. In dieser Deklaration wurde Österreich als das „erste freie Land, das der Hitlerschen Aggression zum Opfer gefallen ist“ bezeichnet, das von den Alliierten Mächten „von der deutschen Herrschaft befreit wird“. Allerdings wurde in der Moskauer Deklaration auch betont, dass Österreich durch die Kriegsbeteiligung an der Seite des Deutschen Reichs ebenso Verantwortung trägt (vgl. Moscow Conference 1943). Die Opferthese bestimmte in den Nachkriegsjahrzehnten die offizielle Haltung, dass Österreich die eigenen Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus verdrängen und keine Verantwortung dafür übernehmen wollte. Diskussionen um die Beteiligung von Österreicher*innen an den Verbrechen des Nationalsozialismus und am Holocaust wurden damit ausgeklammert (vgl. Müller 2014). Gleichzeitig wurden ehemalige Nationalsozialist*innen wieder in alle gesellschaftliche Bereiche integriert und ehemalige SS-Angehörige und Kriegsverbrecher*innen – wie zum Beispiel der Fall des jährlich stattfindenden Ulrichsbergtreffens in Kärnten zeigte – sogar öffentlich gefeiert (Arbeitskreis gegen den Kärntner Konsens 2011).

Erst in Folge der Waldheim-Debatte 1986 setzte eine kontroverse Diskussion um die Opferthese ein. Die 50-jährige Wiederkehr des „Anschlusses“ 1988 eröffnete den Rahmen für die intensive Auseinandersetzung mit dem Jahr 1938 und dem Nationalsozialismus. Dabei wurden auch die Schulen durch die Herausgabe von Unterrichtsmaterialien einbezogen. Die wissenschaftlichen und öffentlichen Debatten zur Mitverantwortung Österreichs an den Verbrechen des Nationalsozialismus halten bis heute an: Noch 2008 merkte Otto Habsburg bei einer ÖVP-Veranstaltung zum „Anschluss“-Gedenken an, dass es keinen Staat in Europa gibt, der mehr Recht habe, sich als Opfer zu bezeichnen.

Auch wenn der 11./12./13. März keine offiziellen Gedenktage sind, begehen zahlreiche Initiativen und Organisationen das Datum mit Gedenkveranstaltungen – die mediale Präsenz liegt aber abgesehen von den runden Jahrestagen weit hinter jener anderer Gedenktage.

Quellen