Demokratieeinstellungen und -typen unter Wiener Jugendlichen

Das Forschungsprojekt beschäftigt sich mit den Demokratieeinstellungen von Wiener Jugendlichen. Die am Demokratiezentrum Wien realisierte Pilotstudie zu „Demokratievorstellungen von Wiener Jugendlichen“ (2020) hat sich bereits intensiv mit den Demokratievorstellungen junger Menschen auseinandergesetzt. Durch das Folgeprojekt sollen nun die darin gewonnen empirischen Erkenntnisse um die Erforschung der Demokratieeinstellungen sowie eine Typenbildung erweitert werden. Ziel der Studie ist es, die Demokratieeinstellungen der Jugendlichen kennenzulernen und zu typisieren, um Demokratiebildungsangebote in Zukunft noch besser an die Zielgruppe der 15- bis 19-jährigen Jungwähler*innen anpassen zu können.

Die Bildung unterschiedlicher Typen von Demokratieeinstellungen unter Jugendlichen stellt dabei einen spannenden Aspekt der subjektbezogenen Forschung dar und liefert wichtige Hinweise für die Demokratiebildung im Allgemeinen. Laut Abicht et al. (2009, S. 190) kann mittels Typologien ein tiefergehendes Verständnis der Einzelfälle generiert werden, da charakteristische und spezifische Merkmale identifiziert werden können. Zusätzlich ist es durch die Typenbildung möglich, Einzelfälle zu abstrahieren und daraus einprägsame Typiken zu entwickeln, welche das Forschungsfeld abbilden (Haas/Scheibelhofer 1998, S. 23). Des Weiteren ist Adorno (1950, S. 310ff.) der Ansicht, dass Typologien besonders relevant für die Ableitung von Interventionsstrategien sind. Auch Tippelt et al. (2009, S. 185) sehen in Typologien eine wichtige Hilfestellung für die Praxis, um Handlungsentwürfe zu generieren und Strategien zu prüfen. Dieses Vorgehen soll ermöglichen, dass Demokratiebildungsangebote die Jugendlichen künftig noch gezielter in deren Lebenswelt abholen.

Das empirische Forschungsdesign sieht ein triangulatives Verfahren in zwei Phasen vor.

In der ersten Phase „Quantitative Vorstudie“ werden die umfangreichen Datensätze der European Social Survey aus dem Jahr 2012 „ESS6“ verwendet, welche sich ausführlich mit Demokratieeinstellungen der europäischen Bevölkerung auseinandersetzt und in einem ersten Schritt für die Zielgruppe der 15- bis 19-jährigen genauer untersucht wird. Da für Österreich hierzu keine Daten erhoben wurden, sollen die europäischen Daten mittels einer Straßenumfrage in Wien erweitert werden. Anhand dieser quantitativen Feldsondierung sollen erste Typen in Bezug auf die Demokratieeinstellungen von Jugendlichen in Wien festgestellt werden und mit den europäischen Daten verglichen werden.

In der zweiten Phase „Qualitative Interviews“ werden die vorläufig erstellten Typen mittels qualitativer narrativer Interviews nach Schütze (1983) genauer untersucht. Das Sample der Interviewpartner*innen soll aus sechs Jugendlichen der Sekundarstufe II bestehen, da diese bereits wahlberechtigt sind bzw. kurz davorstehen, wahlberechtig zu sein. Um Heterogenität zu sichern, soll die Befragung außerdem in unterschiedlichen sozioökonomisch starken bzw. benachteiligten Standorten sowie verschiedenen Schultypen durchgeführt werden. Auch in Bezug auf Alter und Geschlecht wird eine Ausgeglichenheit angestrebt. Zuerst ist eine Einzelauswertung der Interviews geplant, auf deren Basis eine Fallkontrastierung und schlussendlich eine „natürliche Typologie“ (Kuckartz 2010, S. 559), die induktiv aus den empirischen Daten gebildet wird, entsteht. Für die Auswertung ist die Methode der Feinstruktur- sowie Themenanalyse nach Froschauer und Lueger (2003) vorgesehen. Die eigentliche Typenbildung erfolgt anschließend nach Kelle und Kluge (2010).

Durch den qualitativen Zugang ist es möglich, die Jugendlichen besser zu verstehen und dadurch die anhand der quantitativen Daten gebildeten Typen zu überprüfen und zu verfeinern.

Im Jahr 2022 erfolgt die Auswertung der qualitativen Interviews und deren Indikation.

2021-2022