Allgemeines und gleiches Männerwahlrecht

1907 – Einführung des allgemeinen und gleichen Männerwahlrechts

In der k. und k.-Monarchie erreichte der Wahlrechtskampf in den Jahren 1905 und 1906 einen neuen Höhepunkt. Vor dem Hintergrund der russischen Revolution und der Furcht vor ähnlichen Unruhen wurde am 26. Jänner 1907 das allgemeine und gleiche Wahlrecht für Männer eingeführt (Beck‘sche Wahlreform) – ein Erfolg der sozialdemokratischen Partei. Mit der Einführung des allgemeinen und gleichen Männerwahlrechts erreichte aber auch der Ausschluss der Frauen von jeglicher politischer Mitbestimmung seinen Höhepunkt. Das Kuriensystem wurde abgeschafft und somit auch den wenigen Großgrundbesitzerinnen das Wahlrecht entzogen.

Demonstration der Sozialdemokratinnen für das Frauenwahlrecht
© Sozialwissenschaftliche Dokumentation der Kammer für Arbeiter und Angestellte, Wien

Intensivierung des Kampfs um das Frauenwahlrecht

Erst jetzt, nachdem das allgemeine und gleiche Männerwahlrecht erreicht worden war, verstärkte auch die sozialdemokratische Partei ihren Kampf um die Einführung des Frauenwahlrechts. Die sozialdemokratischen Frauen taten dies v.a. im Rahmen der internationalen sozialistischen Frauenstimmrechtsbewegung. 1910 wurde auf der zweiten internationalen Frauenkonferenz beschlossen, alljährlich einen Frauentag für den Kampf um das Frauenwahlrecht durchzuführen. 1911 fand eine machtvolle Kundgebung auf der Wiener Ringstraße mit einem Demonstrationszug zum Parlament statt. In den kommenden Jahren wurde die Forderung nach dem Frauenwahlrecht regelmäßig bei den Massendemonstrationen des 1. Mai und am Internationalen Frauentag (eingeführt 1911) erhoben.

Emblem der in Wien erschienenen Zeitschrift für Frauen-Stimmrecht
© ALO Austrian Literature Online

Die bürgerliche Frauenstimmrechtsbewegung bediente sich hingegen weniger des Instruments der Demonstration, sondern führte ihren Kampf um das Frauenwahlrecht v.a. mittels der Publizistik und zahlreicher Petitionen. 1905 wurde (in erster Linie von Vorstandsmitgliedern des „Bundes österreichischer Frauenvereine“ unter Marianne Hainisch) ein eigenes „Frauenstimmrechtskomitee“ gegründet, mit dem eine Umgehung des Vereinsgesetzes versucht wurde, das Frauen die politische Organisation verbot. Ab 1911 erschien die Zeitschrift für das Frauen-Stimmrecht. Erst in diesem Jahr wurde auch beschlossen, das Vereinsgesetz zu ändern und die politische Organisation von Frauen zu erlauben. Aufgrund der wiederholten Unterbrechung der parlamentarischen Arbeit erlangte das geänderte Vereinsgesetz jedoch nie Gesetzeskraft. Die Gelegenheit, sich international in der Frauenbewegung zu profilieren, erhielten die Österreicherinnen 1913. Am 11. und 12. Juni diesen Jahres fand in Wien eine internationale Frauenstimmrechtskonferenz statt.