Maßnahmen auf politischer Ebene

Österreichische Ebene

Die österreichische Bundesregierung präsentierte im Jänner 2017 ihre Gesamtstrategie zur Digitalisierung Digital Roadmap Austria.

Sie enthält 12 Leitprinzipien, die folgende Themen betreffen:

  1. Schließung der digitalen Kluft.
  2. Vermitteln digitaler Kompetenzen in der Schule.
  3. Geltung der Grund- und Menschenrechte in der digitalen Welt und Stärkung digitaler Eigenverantwortung und Zivilcourage
  4. Eine gut ausgebaute und leistbare digitale Infrastruktur für Bürger*innen und Unternehmen
  5. Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Digitalisierung und Ausbildung der Menschen
  6. Schaffung moderner gesetzlicher Rahmenbedingungen für neue Geschäfts- und Arbeitsmodelle, die durch die Digitalisierung entstehen.
  7. Unterstützung der Unternehmen bei der digitalen Transformation, damit Österreich zu den international führenden digitalen Wirtschaftsstandorten gehört.
  8. Stärkung von Wissenschaft und Forschung bei der Entwicklung neuer digitaler Möglichkeiten.
  9. Aktive Mitgestaltung des europäischen digitalen Binnenmarkts.
  10. Sicherheit im digitalen Raum durch weiterhin hohe Datenschutzstandards.
  11. Förderung einer respektvollen Diskussionskultur im Netz und qualitativer journalistischer Arbeit auch in der digitalen Welt.
  12. Eine einfache und barrierefreie elektronische Kommunikation zwischen Bürger*innen und öffentlicher Verwaltung.

 

Weitere Maßnahmen auf politischer Ebene

Als Ergebnis einer parlamentarischen Enquete zum Thema Digitale Courage, die auf Initiative des ehemaligen Bundesratspräsidenten Mario Lindner im November 2016 stattfand, wurde ein Grünbuch herausgegeben (vgl. Parlamentsdirektion 2016). Informationen rund um diese Initiative sind online unter dem Hashtag #DigitaleCourage zu finden.

Der frühere österreichische Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien Thomas Drozda und der deutsche Justizminister planten, im Umgang mit Hasspostings gemeinsam stärker gegen Facebook vorzugehen, damit strafbare Inhalte schneller gelöscht werden und Justizbehörden strenger vorgehen. Gemeinsam wollten sie auch den Druck auf EU-Ebene verstärken. Unter anderem kritisierte Drozda, dass die E-Commerce-Richtlinie der EU (Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr im Binnenmarkt, vgl. eur-lex.europa.eu) aus dem Jahr 2000 nicht mehr zeitgemäß ist, da Facebook erst 2004 gegründet wurde.

 

Initiativen von politischen Akteur*innen am Beispiel der Klagen der Grünen gegen Facebook

Im September 2016 haben die Grünen Österreich Facebook geklagt. Dabei ging es unter anderem um die Herausgabe von User*innen-Daten bei Hasspostings sowie deren mangelhafte Löschung. In diesem Rechtsstreit, in dem auch Falschmeldungen über die damalige Politikerin Ewa Glawischnig Thema waren, haben die Grünen Ende 2016 eine einstweilige Verfügung erreicht, von der sie hofften, dass sie einen weltweiten Präzedenzfall darstellen würde. Im Mai 2017 folgte eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien, wonach Facebook Hasspostings weltweit löschen muss, statt diese nur in einem Land zu sperren. Darüber hinaus gilt für Klagen gegen Facebook österreichisches Recht (vgl. derstandard.at).

 

Beitrag von Muna Duzdar, ehem. Staatssekretärin für Diversität, Öffentlichen Dienst und Digitalisierung, im Working Paper, S. 11:
GegenHassimNetz – Zur Initative der österreichischen Bundesregierung

 

Europäische Ebene

Ende Mai 2016 vereinbarte die Europäische Kommission mit den IT-Unternehmen Facebook, Twitter, YouTube und Microsoft – alle Mitglieder im European Internet Forum (EIF) – den Code of Conduct on Countering illegal hate speech online. Darin verpflichteten sich die IT-Unternehmen unter anderem dazu, gemeldete Inhalte innerhalb von 24 Stunden zu überprüfen und illegale Inhalte (Kapitel Maßnahmen auf juristischer Ebene) zu entfernen bzw. für User*innen nicht mehr zugänglich zu machen.

Das European Internet Forum (EIF) wurde im Jahr 2000 von drei Abgeordneten des Europäischen Parlaments mit dem Ziel gegründet, die EU-weite Debatte bezüglich digitaler Technologie zu fördern. Die Mission des EIF ist es, die politischen Akteur*innen auf EU-Ebene dabei zu unterstützen, Regelungen zu entwickeln, die den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen des weltweiten digitalen Wandels gerecht werden.

Im Rahmen des Code of Conducts wurde in neun EU-Staaten ein Monitoring hinsichtlich illegaler Online-Hetze vorgenommen (vgl. Europäische Kommission 2016). Dieses hat ergeben, dass IT-Unternehmen den mit der Europäischen Kommission vereinbarten Umgang mit illegaler Online-Hetze noch unzureichend umsetzen (Überprüfung im Zeitraum vom 10.10. bis 20.11.2016). In Österreich wurde das Monitoring von ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit durchgeführt und Inhalte auf Facebook, Twitter und YouTube berücksichtigt. Das Monitoring hat ergeben, dass die Löschquote in Österreich weit unter dem Durchschnitt liegt (11 Prozent in Österreich gegenüber durchschnittlich 28 Prozent in allen 9 teilnehmenden Ländern). Im Vergleich dazu lag die Löschquote z.B. in Frankreich bei 58,1 Prozent, in Deutschlandbei 52 Prozent, in Italien allerdings nur bei 3,6 Prozent (ebd.). Die IT-Unternehmen wurden nach dem Monitoring dringend dazu aufgerufen, ihren Verpflichtungen nachzukommen und die Vereinbarungen des Code of Conduct on Countering illegal hate speech online einzuhalten.

Im Dezember 2016 wurde dem Europäischen Parlament in Brüssel und der Öffentlichkeit zur weiteren Diskussion die Charta der digitalen Grundrechte der Europäischen Union präsentiert. Es handelt sich dabei um ein Dokument, das von deutschen Politiker*innen, Journalist*innen, Autor*innen, Wissenschafter*innen und Aktivist*innen gemeinsam erarbeitet wurde – darunter Die Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, der ehemalige EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sowie die Schriftstellerin Juli Zeh (vgl. digitalcharta.eu). Selbsterklärtes Ziel der Charta ist es, die Bürgerrechte in der digitalen Welt zu stärken. Angelehnt an andere Menschenrechtsdokumente behandelt die Charta der digitalen Grundrechte der Europäischen Union die unantastbare Würde des Menschen im digitalen Zeitalter, das Recht auf freie Information und Kommunikation und Themen wie Überwachung und Datenschutz ebenso wie Algorithmen oder das Spannungsfeld zwischen Meinungsfreiheit und Hassrede.

So wird im Entwurf unter Artikel 5 (Meinungsfreiheit und Öffentlichkeit) festgehalten:

„(1) Jeder hat das Recht, in der digitalen Welt seine Meinung frei zu äußern. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Digitale Hetze, Mobbing sowie Aktivitäten, die geeignet sind, den Ruf oder die Unversehrtheit einer Person ernsthaft zu gefährden, sind zu verhindern.

(3) Ein pluraler öffentlicher Diskursraum ist sicherzustellen.

(4) Staatliche Stellen und die Betreiber von Informations- und Kommunikationsdiensten sind verpflichtet, für die Einhaltung von Abs. 1, 2 und 3 zu sorgen.“ (digitalcharta.eu)

Die Charta der digitalen Grundrechte der Europäischen Union ist als Entwurf zu sehen und besitzt keine Rechtskraft. Online wurde die breite Öffentlichkeit dazu eingeladen, den Entwurf im Rahmen einer sogenannten Public Comment Phase zu diskutieren (vgl. digitalcharta.eu). Die zahlreichen Kommentare und Gespräche werden in weiterer Folge eingearbeitet.