© Ludwig-Boltzmann-Institut für Europäische Geschichte und Öffentlichkeit

Europäisches politisches Bildgedächtnis

Ziele

  • Zugänge zur europäischen Dimension politischer Bildgedächtnisse des 20. Jahrhunderts eröffnen
  • Erstellung eines Online-Bildmoduls für die Website www.eurotopics.net
  • Den aktuellen Forschungsstand zu spezifischen europäischen Ikonen und Ikonografien im 20. Jahrhundert zielgruppen- und medienadäquat einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen

Das Projekt thematisierte Ikonen sowie Ikonografien, die im Europa des 20. Jahrhunderts erinnerungskulturell wirksam geworden sind und damit Schlüsselpositionen in öffentlichen Diskursen besetzen. Dazu zählen insbesondere solche Bildmotive, die Massenmedien über Jahrzehnte hinweg in unterschiedlichen Formaten immer wieder reproduziert haben. Dieser Zugang über die visuelle Kommunikation ermöglichte es, einen von politischer Kommunikationsforschung und Politischer Bildung lange Zeit vernachlässigten Aspekt der Konstruktion Europas besser zu erfassen. Zugleich knüpfte das Projekt damit an den „Pictorial Turn“ der vergangenen Jahre in den Kultur- und Sozialwissenschaften an. Dabei unterstützte es die öffentliche Vermittlung zentraler Ergebnisse der visuellen europäischen Zeitgeschichtsforschung.

Die Auswahlkriterien bezüglich der zu rekonstruierenden und dekonstruierenden Ikonen und Ikonografien waren sowohl zeitlich als auch thematisch bedingt. So wurden zum einen die visuellen Aspekte europäischer Medienereignisse des 20. Jahrhunderts aufbereitet (in der Regel auf Krisenkommunikation bezogen, so etwa im Zusammenhang mit dem Spanischen Bürgerkrieg, mit dem Berliner Mauerbau von 1961 oder mit der polnischen „Solidaritäts“-Bewegung zu Beginn der 1980er Jahre) oder im Zusammenhang mit lang anhaltenden gesellschaftspolitischen Debatten beispielsweise zum Thema Migration (Flüchtlingsboote an der südeuropäische Grenze, neue Mauern wie in Ceuta und Mellila etc.). Zum anderen sollten die Karrieren der zentralen ikonischen Bildmotive des politisch institutionalisierten Europa (d.h. der EU und ihrer Vorläuferinnen) rekonstruiert werden, da es sich hier um den Versuch der Top-Down-Implementierung eines nationenübergreifenden europäischen Bildgedächtnisses handelt. Hinzu treten schließlich spezifische Ikonografien, die Ereignisse und nationenübergreifend für die politische Geschichte des 20. Jahrhunderts in Europa prägend geworden sind (z.B. Stacheldraht).

Ziel war es, europäische politische Ikonografien und Ikonen auf der Basis jener multiperspektivischen Visual-History-Forschung zu beschreiben, die sich insbesondere seit den 1990er Jahren zunehmend entfaltet hat, untereinander häufig aber noch zu wenig vernetzt ist.

Umsetzung

Als thematischer Kern fungierte zunächst die Bearbeitung von 30 „Knotenpunkten“ des europäischen politischen Bildgedächtnisses aus der Zeit des 20. Jahrhunderts. Schlüsselbilder im Umfeld transnationaler Medienereignisses kamen ebenso zur Sprache wie spezifische Ikonografien und visuelle Erinnerungskulturen. Die Themenwahl wurde entlang spezifischer Leitperspektiven zur europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts getroffen; dazu zählen insbesondere Kriege, der Holocaust, der Ost-West-Konflikt sowie Migration. Weil aber auch 30 Schwerpunkte noch zu wenig sind, um der einschlägigen Thematik auch nur annähernd gerecht zu werden, war das Bildmodul offen konzipiert, so dass später noch weitere Bilder und Videos sowie Themen in die Datenbank integriert werden konnten. Unabhängig davon entstand zu jedem Thema mindestens ein Einführungstext mit Hinweisen zum aktuellen Forschungsstand sowie etwa zehn Kurztexte zu einzelnen Bildmotiven, die mit diesem Einführungstext verlinkt sind. Hinzu können weitere vertiefende Texte zu spezifischen Aspekten kommen (etwa zu einschlägigen Filmen, die in Ausschnitten zu sehen sind). Zusätzlich wurden weitere 150 Bildmotive mit Kurztexten in das Online-Modul integriert. Sie decken Bereiche ab, die im Rahmen der 30 zentralen Themen nicht vertieft werden konnten.

 

Gertraud Diendorfer