Der „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland

Österreich kam den in Berchtesgaden gemachten Forderungen nach. Trotzdem marschierten in der Nacht des 12. März 1938 deutsche Truppen in Österreich ein. In Graz war bereits am 24. Februar die Hakenkreuzfahne am Rathaus gehisst worden, was ihr die Bezeichnung „Stadt der Erhebung“ einbrachte. Insgesamt war der „Anschluss“ ein dreifacher Prozess, der von außen, von unten und von oben erfolgte. Zu Beginn des Jahres 1938 hatte nicht nur der Druck der Nationalsozialist*innen aus Deutschland, sondern auch jener in Österreich zugenommen. Der österreichischen Exekutive war unmittelbar vor dem Einmarsch von der Staatsspitze der Befehl erteilt worden, den deutschen Truppen keinen Widerstand entgegenzusetzen.

Jubelnde Menschen in Wien nach dem „Anschluss“, März 1938
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Auf dem Wiener Heldenplatz verkündigte Hitler vor einem Menschenmeer, das mittlerweile in das kollektive Bildgedächtnis des Landes eingegangen ist, den „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich und ließ diesen durch eine Volksabstimmung am 10. April 1938 bestätigen. Das einzige Land, das vor dem Völkerbund offiziell Protest gegen den „Anschluss“ Österreichs an Hitlerdeutschland einlegte, war Mexiko (woran der Name des Mexikoplatzes im zweiten Wiener Gemeindebezirk erinnert).

Für Juden und Jüdinnen, Roma und Sinti, die Gegner*innen des Nationalsozialismus, so genannte „Asoziale“ und Homosexuelle führte der „Anschluss“ zu Verfolgung und Tod. Dem Holocaust fielen rund 65.000 Österreicher*innen zum Opfer. Insgesamt kostete die nationalsozialistische Rassenpolitik rund 6.000.000 Juden und Jüdinnen das Leben.

1945, nach dem kriegsbedingten Ende des Deutschen Reiches, erstand Österreich wieder als unabhängiger Staat. In der Moskauer Deklaration aus dem Jahr 1943 war dies als Ziel von den Alliierten erstmals festgehalten worden. Gedacht war die Erklärung, in der Österreich als „das erste freie Land“ bezeichnet wurde, „das der typischen Angriffspolitik Hitlers zum Opfer gefallen“ war, jedoch weniger als konkrete Absichtserklärung, sondern mehr zur Anstachelung eines österreichischen Widerstands. In Folge wurde die Moskauer Deklaration zu einer wesentlichen Säule für den Opfermythos, der das Selbstbild Österreichs im Umgang mit der NS-Vergangenheit lange dominierte. Jene Passage, in der ausdrücklich von einer Mitverantwortung Österreichs und seiner „Teilnahme am Kriege an der Seite Hitler-Deutschlands“ die Rede ist, wurde demgegenüber ausgeklammert.

Der Wiederaufbau von Demokratie, Justiz und Verwaltung erfolgte in den Jahren nach 1945 unter alliierter Kontrolle. Seine volle Souveränität erlangte Österreich mit dem Staatsvertrag des Jahres 1955 zurück.

Last Update: 09.02.2021