„Man hat Arbeitskräfte gerufen und es kommen Menschen …“
Max Frisch, Schriftsteller, 1965
In Österreich wurde Migrationspolitik, also die Regelungen für Ein- und Auswanderung, lange Zeit in erster Linie durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen gesteuert. Dabei dominierte bis in die frühen 1990er Jahre der Einfluss der . In den letzten drei Jahrzehnten beherrschen Einbürgerungs- und Flüchtlingsfragen sowie Sicherheitsbedenken die Migrationspolitik.
Wie kam es zum „Gastarbeitermodell“?
Durch den wirtschaftlichen Aufschwung der 1960er Jahre wurden in Österreich dringend Arbeitskräfte benötigt. Mit Spanien (1962), der Türkei (1964) und Jugoslawien (1966) schloss Österreich sogenannte ab. Die staatliche Politik Österreichs und der Herkunftsländer folgte der Idee des Rotationsprinzips. Dabei wurden verschiedene Interessen verfolgt: Firmen brauchten Arbeitskräfte, Migrant*innen sammelten Erfahrungen und schickten Geld in die Heimat. Die Arbeitslosigkeit in den Herkunftsländern sank. Eine dauerhafte Zuwanderung nach Österreich war von beiden Seiten nicht geplant.
1964 eröffnete die österreichische Anwerbekommission im Zentrum Istanbuls ein Büro, um türkische Gastarbeiter*innen für den österreichischen Arbeitsmarkt zu rekrutieren.
Arbeitsmigration ist auch mit Familiennachzug verbunden.
Durch die Jugoslawien-Kriege in den 1990er Jahren kamen auch viele Flüchtlinge nach Österreich.
1971 fand der erste Bustransport von türkischen Gastarbeitern nach Österreich statt. Deutschkenntnisse waren für die Arbeitgeber damals nachrangig.
Gastarbeiterwohnung in den frühen 1990er Jahren
Der Portugiese Armando Rodriguez de Sá wurde offiziell als einmillionster Gastarbeiter in Deutschland begrüßt – als Willkommensgeschenk erhielt er ein Moped.
Beschmiertes Kolaric-Plakat, Anfang 1970er Jahre. Das Plakat der Aktion Mitmensch thematisierte Rassismus in Österreich.
Politisierung von Migration
Seit den 1990er Jahren veränderte sich der gesellschaftliche und politische Kontext für Migration: durch den Fall des Eisernen Vorhangs, die Jugoslawienkriege, den EU-Beitritt Österreichs, die zunehmende Globalisierung. Es kam zu Fluchtbewegungen von innerhalb und außerhalb Europas, die EU-Binnenmigration kann weniger gesteuert werden. Zuwanderung orientierte sich weniger an den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts. Gleichzeitig setzte eine starke Politisierung des Themas ein, die mit steigender Fremdenfeindlichkeit einherging. Migrationspolitik wird seither vom Innenministerium bestimmt und v.a. als Sicherheitsproblem diskutiert.
Seit den 1990er Jahren thematisiert die FPÖ vor allem Migration und Asyl.
Innerhalb der EU können die Menschen ihren Wohn- und Arbeitsort frei wählen. Die Politik hat weniger Steuerungsmechanismen.
Demonstration gegen Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz als Reaktion auf das „Ausländervolksbegehren“ der FPÖ. Mehr als 250.000 Menschen kamen auf den Heldenplatz. (Wien 1993)
In vielen Berufen werden wieder ausländische Fachkräfte gebraucht, z.B. in der Altenpflege.
Wusstest du…
… dass die Zuwanderung aus EU-Ländern immer mehr zunimmt, aus Drittstaaten hingegen abnimmt?
Diskussionsaufgabe
Wie erlebt ihr die Einstellungen zu Migrant*innen in eurem Umfeld? Wird Migrant*innen mit unterschiedlicher Herkunft anders begegnet?
Weitere Beiträge
Quellen
- Statistik Austria (2013): Migration und Integration. Zahlen, Daten, Indikatoren 2013. Erstellt von Statistik Austria, Wien.
- Weigl, Andreas (2009): Migration und Integration. Eine widersprüchliche Geschichte. Innsbruck–Wien–Bozen.
- Frisch, Max: Überfremdung (1965). In: Gesammelte Werke, Bd. I–VII. Frankfurt a. M. 1976–1986.
- Gürses, Hakan/Kogoj, Cornelia/Mattl, Sylvia (Hg.) (2004): Gastarbajteri. 40 Jahre Arbeitsmigration. Eine Ausstellung der Initiative Minderheiten, , Wien.
- Grasl-Akkilic, Senol/Schober, Marcus/Wonisch, Regina (Hg.) (2019): Aspekte der österreichischen Migrationsgeschichte.